Der Sonne wärmende Strahlen

Solarthermie als Energiequelle der Zukunft?

Sonnenlicht lässt sich leicht in Wärme umwandeln. Das weiß jeder, der schon mal einen Sonnenbrand gehabt, mit einem Brennglas gezündelt oder in einer Dachwohnung gelebt hat. Doch wie lässt sich diese Eigenschaft in großem Maßstab nutzen – nicht nur zur Stromerzeugung, sondern auch in energieintensiven industriellen Prozessen? Genau daran wird gerade weltweit gearbeitet.

Eine ganz kurze Geschichte der Solarthermie

Solarthermie ist die älteste Nutzung von Sonnenenergie, die wir kennen. Sie lässt sich schon in früher Zivilisation finden: Nicht umsonst richten wir noch heute unsere Gebäude, wenn möglich, nach der Sonne aus – in unseren nördlicheren Breitengraden so, dass wir das Sonnenlicht und seine Wärme möglichst gut nutzen können. In heißeren Gefilden sucht man hingegen nach Schatten.

Die Idee, Sonnenlicht zu bündeln und so noch größere Hitze zu erzeugen, wurde schon in der Antike genutzt, etwa beim Entzünden der olympischen Fackel mithilfe von Brennspiegeln. Und dem griechischen Mathematiker Archimedes wurde nachgesagt, er hätte mithilfe von Spiegeln einen „Todesstrahl“ erzeugt, mit dem er römische Kriegsschiffe in Brand gesteckt habe. Letzteres gehört aber wohl ins Reich der Legenden.

Auch in der Neuzeit blieb die Solarthermie nicht ungenutzt: Bereits im 18. Jahrhundert entwickelte der Schweizer Naturforscher de Saussure gläserne „Hitzekisten“, die Vorläufer der heutigen Flachkollektoren. Der Franzose Antoine Mouchot kombinierte diese Idee mit Parabolspiegeln und baute so eine „solargetriebene Dampfmaschine“, die er bereits auf der Pariser Weltausstellung 1878 vorstellte.

Doch die Nutzung von Sonnenenergie blieb lange eine eher exotische Technik, vor allem, da fossile Brennstoffe schneller, einfacher und wetterunabhängig nutzbar waren – und auch mehr Einnahmen versprachen.

In der ersten Ölkrise in den 1970er-Jahren besann man sich jedoch zurück und entwickelte brauchbare Konzepte zur Nutzung der Sonnenergie – neben der Fotovoltaik gehört dazu auch die Solarthermie.

Solarthermie heute

Man sieht sie auch in unseren Breitengraden auf den Dächern mancher Häuser, jedoch deutlich seltener als PV: die Sonnenkollektoren, die vor allem der Erzeugung von Warmwasser dienen. Neben Flachkollektoren gibt es auch Vakuumröhrenkollektoren – vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um zwei ineinandergesteckte Röhren, zwischen denen ein Vakuum herrscht. Die Sonne kann nur die Trägerflüssigkeit in der inneren Röhre erwärmen, das isolierende Vakuum sorgt dafür, dass die Wärme gespeichert bleibt. Moderne Sonnenkollektoren nutzen zudem Parabolspiegel und andere Reflektoren, um mehr Sonnenlicht einzufangen und es zu bündeln.

Solarthermie in großem Maßstab

Einen anderen Weg gehen sogenannte Solartürme, die die Nutzung von Solarthermie auch in industriellem Maßstab möglich machen: Anstatt eines einzigen, großen Brennspiegels, der technisch und wirtschaftlich nur schwer zu realisieren wäre, nutzt man ein Array von kleineren konkaven Spiegeln um den Solarturm herum – die sogenannten Heliostate –, um das Sonnenlicht auf den Receiver an der Spitze des Turms zu bündeln. Der Receiver wandelt das Sonnenlicht in Wärme um, die sich zu verschiedenen Zwecken, aber vor allem zur Stromerzeugung, nutzen lässt.

Ein wesentlicher Vorteil gegenüber etwa der PV: Kombiniert mit einem geeigneten (und relativ einfach zu konstruierenden) Speicher sind solche Kraftwerke auch grundlastfähig, können also Elektrizität rund um die Uhr liefern. Der Nachteil ist jedoch, dass diese Nutzung der Solarthermie direkte Sonneneinstrahlung benötigt. Das macht einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz in unseren Breitengraden praktisch unmöglich. Doch es gibt viele Gegenden auf unserem Planeten, die gerade ideal dafür sind – etwa die Wendekreiswüsten des afrikanischen Kontinents oder der Süden der Vereinigten Staaten:

Das in Kalifornien ansässige Unternehmen Heliogen, das auch mit deutschen Subunternehmen kooperiert, hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, diese Form der Solarthermie-Nutzung zur Reife zu bringen – als Geldgeber mit an Bord ist kein geringerer als Bill Gates.

In gleich drei Bereichen will Heliogen die Solarthermie wirtschaftlich sinnvoll nutzbar machen: Neben der Erzeugung von Elektrizität – und im zweiten Schritt dann in der Erzeugung von klimaneutralem und auch über weite Strecken transportierbarem Wasserstoff – soll die so eingefangene Wärme direkt in energieintensiven industriellen Prozessen wie etwa in der Stahl- oder Zementproduktion zum Einsatz kommen. Gerade Zement und Stahl benötigen heute noch die Verfeuerung von Kohle und tragen daher nicht unerheblich zum CO2-Ausstoß bei. Mit „solargetriebenen Hochöfen“ ließe sich diese Bilanz – zumindest in der Theorie – deutlich verbessern.

Heliogen setzt dabei auf kleine, skalierbare Anlagen und die Vorteile von künstlicher Intelligenz. Das System steuert ein Feld aus kleinen Spiegeln, die das Sonnenlicht reflektieren und auf den Receiver konzentrieren. Die dadurch bereitgestellte Wärme von bis zu 1000 Grad Celsius kann dank des Energiespeichers genutzt werden, auch wenn die Sonne nicht scheint.

Die sich aktuell in Planung befindliche Anlage hat eine elektrische Leistung von 5 MW. Das entspricht etwa einer großen Windkraftanlage.

Den effizienten Bau, vor allem aber die effektive und dynamische Ausrichtung der Heliostate illustriert dieses Video.Miriam Ebert ist Entwicklungsingenieurin bei Heliogen. Nach ihrem Maschinenbau-Studium in Aachen – bereits mit Schwerpunkt Energie- und Umweltschutztechnik – war sie in Spanien und Deutschland für das Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. tätig, bevor sie zu Heliogen gewechselt ist.

Wie bist Du zu Heliogen gekommen und was ist Deine Aufgabe dort?

Ich arbeite seit vielen Jahren an der Entwicklung von konzentrierender Solarenergie, besonders an Receivern. Ein Receiver ist der Kraftwerksteil, der die gebündelte Solarstrahlung in Wärme umwandelt. Diese Technologie von der Entwicklung in die Anwendung zu bringen und damit einen Beitrag zur Energiewende zu leisten, ist mir ein wichtiges Anliegen. Deswegen setze ich meine Erfahrung nun bei Heliogen um und bin dort für die Fertigung eines solchen Receivers verantwortlich.

Wäre ein Einsatz von Solarthermie, speziell der konzentrierenden Solarenergie, auch in Deutschland oder Europa denkbar? Warum bzw. warum nicht?

CSP, konzentrierende Solarenergie, benötigt direkte, gerichtete Strahlung, damit diese mit den Spiegeln gebündelt werden kann. Darin unterscheidet sie sich von Fotovoltaik-Anlagen oder Warmwasserkollektoren, die Strahlung aus allen Richtungen aufnehmen können. In Deutschland sind solche CSP-Anlagen deswegen bisher nicht wirtschaftlich, dazu haben wir zu wenig Sonnenstunden. In Südeuropa sieht das schon ganz anders aus. Besonders in Spanien laufen seit vielen Jahren CSP-Kraftwerke und ein weiterer Ausbau ist geplant. Und dieser Ausbau ist auch sinnvoll, um das Stromnetz zu stabilisieren – insbesondere, wenn die anderen erneuerbaren Energiequellen weiter in ihrer Bedeutung zunehmen. Denn ein großer Vorteil von CSP ist, dass sich die Energie relativ einfach in Form von Wärme speichern lässt. Das versetzt die Kraftwerke in die Lage, bei Bedarf rund um die Uhr Strom zu liefern.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen?

Intermittenz, das schwankende Angebot von erneuerbaren Energiequellen, ist ein entscheidender Aspekt für unsere Industriekunden. Wir nehmen diese Herausforderung direkt an, indem wir im ersten Schritt Wärme statt direkt Strom erzeugen und unser konzentrierendes Solarthermiesystem mit einem thermischen Energiespeicher verbinden. Das System kann dadurch einen Nutzungsgrad von 85 % erreichen, höher als andere erneuerbare Systeme.

Wie siehst Du die Zukunftschancen für Solarthermie?

Wenn wir den CO2-Ausstoß reduzieren und den Klimawandel damit entschleunigen wollen, müssen wir aus meiner Sicht ein breites Paket an Maßnahmen umsetzen und global denken. Dazu gehören Energieeinsparungen, politische Rahmenbedingungen und technologisch neue Wege. Für mich ist Solarthermie als Technologie zur Wärme- und Stromerzeugung ein Teil dieses Pakets.

Und was fasziniert Dich an dieser Technologie besonders?

Mich fasziniert die Breite an Anwendungsmöglichkeiten. Mit dieser Technologie lassen sich Temperaturen von über 1.000 °C erreichen; das reicht nicht nur zur Stromerzeugung, sondern es können auch Industrieprozesse mit Wärme versorgt werden, zum Beispiel in der Stahlerzeugung. Das macht eine CO2-Reduktion, eine Dekarbonisierung, der Industrie möglich – auch jenseits der Stromerzeugung.

Rebekka Mutschler