Nicht ohne meinen Wechselrichter!

Was genau leistet eigentlich dieser Baustein von Solaranlagen?

Hand aufs Herz: Was habt ihr vor Augen, wenn ihr die Wörter Solar- oder PV-Anlage hört? Doch wohl als Erstes die Solar-Paneele auf dem Dach oder an der Balkonbrüstung: Und dann? Okay, da ist noch der Heimspeicher, den ihr euch nach langem Nachdenken gegönnt habt. Die App oder die UI eures Energiemanagements. Und dann war da noch …? Klar! Die Steuerungselektronik, deren Herzstück welches Bauteil bildet?

Natürlich, der Wechselrichter – ohne ihn keine Einspeisung des Solarstroms ins Haus- oder Stromnetz. Denn er leistet eine ganz entscheidende Aufgabe: Er verwandelt den Gleichstrom aus den Solarzellen in den Wechselstrom des Stromnetzes.

In diesem vor allem an Solar-Anfänger gerichteten Artikel schauen wir uns dieses Bauteil etwas genauer an – einschließlich möglicher Risiken.

Kleine Elektrizitätslehre

Gleichstrom & Wechselstrom

Wisst ihr noch? Damals in der Schule? Ihr habt erste Stromkreise gebaut, Drähte vom Pluspol einer Batterie zu einem Schalter, dann zu einer Glühlampe und schließlich zurück zum Minus-Pol der Batterie gezogen; danach habt ihr stolz den Schalter umgelegt und die kleine Lampe leuchtete – hoffentlich. Der Strom fließt in einer Richtung von Pol zu Pol, hat euch euer Sachkundelehrer dann erklärt, vielleicht fälschlich sogar „von Plus zu Minus“ – obwohl es doch eigentlich umgekehrt sei, wie dann später der Physiklehrer zornentbrannt korrigiert hat.

Wie dem auch sei: Was hier aus der Batterie kommt, ist Gleichstrom, der so heißt, weil er immer in die gleiche Richtung fließt.

Wechselstrom hingegen – nun, der wechselt regelmäßig seine Flussrichtung, im deutschen Stromnetz fünfzigmal in der Sekunde, im amerikanischen sogar sechzigmal.

„Moment, Moment“, wird wohl so manch eifriger Schüler fingerschnippend gerufen haben. „Der Strom soll doch Energie transportieren, wie kann er das, wenn er doch nur vor- und zurückfährt?“

So mancher Physiklehrer wird jetzt Kopfschmerzen vorgetäuscht haben. Andere werden einfach qua Autorität darauf beharrt haben, das sei eben so. Und in der Tat verlangt die Erklärung ein gewisses Grundverständnis vom atomaren Aufbau, von Elektronen und anderen geladenen Teilchen. Doch es genügt zu wissen, dass es im Wesentlichen auf die Bewegung selbst ankommt, nicht auf die Richtung. Salopp gesagt: Ob ihr tausend Meter geradeaus lauft, oder tausendmal einen Meter hin und her: Ignoriert man die Wendungen, so habt ihr genau gleich viel Energie verbraucht (genauer und Physiklehrer-kompatibel: in Bewegung umgewandelt).

Wenn der obige Schüler dann nicht den Mut verloren hat, wird er gleich die nächste Frage stellen: „Warum verwenden wir denn im Stromnetz Wechselstrom?“

Warum Wechselstrom?

Das ist in der Tat eine berechtigte Frage, benötigen doch Computer, andere Elektronik, ja, selbst Motoren eigentlich von Hause aus Gleichstrom.

Aber Wechselstrom hat gleich mehrere Vorteile, beginnend bei der Erzeugung:

Kohle-, Öl-, Gas- und Atomkraftwerke verwandeln zunächst die im jeweiligen „Brennstoff“ enthaltene Energie in Wärme, mit der ein Medium aufgeheizt wird; zumeist ist das Wasser. Mit diesem erhitzten Medium werden dann Turbinen angetrieben: Die Wärme wird in Bewegung umgewandelt. Die Turbinen übersetzen schließlich diese Bewegung in elektrischen Strom.

Bei Wind- und Wasserkraftwerken ist das ähnlich: Hier wird nur die Bewegung direkt in Strom umgewandelt.

Doch was hat das mit Wechselstrom und Gleichstrom zu tun? Nun, eigentlich ganz einfach: Bewegung lässt sich leichter in Wechselstrom verwandeln. Will man Gleichstrom erzeugen, braucht man ein zusätzliches Element, einen sogenannten Kommutator, der dann den Gleichstrom erzeugt.

Aber das ist nicht der einzige Vorteil von Wechselstrom: Auch Spannungswandler, kurz: Trafos, lassen sich für Wechselstrom einfacher konstruieren. Eigentlich benötigt man dafür nur zwei Spulen, die über einen gemeinsamen magnetisierbaren Kern verbunden sind. Daher lässt sich die Spannung von Wechselstrom leicht und kostengünstig verändern, was wiederum für den Transport eine wichtige Rolle spielt.

Und das ist auch schon der dritte Vorteil: Er lässt sich leichter transportieren – auch über größere Strecken, weil sich die dafür nötige Hochspannung leichter erzeugen lässt.

Apropos – ein kurzer geschichtlicher Ausflug

Wenn ihr übrigens Glück hattet (oder Pech, je nach Sichtweise), dann hat euch euer Physiklehrer auch erzählt, dass in den Anfangstagen des Stromnetzes heiß darüber gestritten wurde, ob man nun auf Gleich- oder Wechselstrom setzen solle. Es stand das Gleichstromnetz von Thomas A. Edison (dem kolportierten Erfinder der Glühlampe) gegen die zweiphasigen (Nikolaus Tesla) und dreiphasigen (George Westinghouse) Wechselstrom-Konzepte.

Fest davon überzeugt, dass sein Gleichstromnetz gesünder war (und weil viel Geld auf dem Spiel stand), ließ Edison angeblich sogar einen Elefanten per Wechselstrom hinrichten, um die Gefahren dieser Technik zu demonstrieren. Diese Geschichte stimmt nicht so ganz. Aber sie ist immer eine spannende Anekdote.

In jedem Fall: Letztlich machte der dreiphasige Wechselstrom das Rennen und eroberte so die Stromnetze weltweit.

Die Umwandlung

Wie oben bereits erwähnt: Wechselstrom mag seine Vorteile haben, doch viele Geräte benötigen eigentlich Gleichstrom. Daher ist es eine wesentliche Aufgabe von Netzteilen aller Art, nicht nur die nötige Spannung bereitzustellen, sondern den Wechselstrom auch in Gleichstrom umzuwandeln.

Zu diesem Zweck kommt ein sogenannter Gleichrichter zum Einsatz, der euch vielleicht auch schon im Physikunterricht begegnet ist, vorausgesetzt, euer Lehrer hat mit euch Halbleiterdioden besprochen – und was man damit alles machen kann.

Das Gegenstück dazu, ein Bauelement, das Gleichstrom in Wechselstrom verwandelt, gibt es natürlich auch: den – ihr habt es sicher schon messerscharf geschlossen – Wechselrichter, auch bekannt als Inverter oder Drehrichter. Und der ist integraler Bestandteil praktisch aller PV-Anlagen.

Wofür braucht die PV einen Wechselrichter?

Im Gegensatz zu Wind, Wasser, Fossil und Atom liefert Photovoltaik „von Hause aus“ Gleichstrom. Doch da unser Stromnetz nun mal Wechselstrom verlangt, muss ein Wechselrichter her, um den Output der Solarzellen entsprechend umzuwandeln. Und das ist leichter gesagt als getan.

Es gibt nämlich zwei Arten von Wechselrichtern: selbst- und fremd-/netzgeführte.

Selbstgeführte Wechselrichter auf Transistorbasis geben Wechselstrom immer in der exakt gleichen Frequenz aus. Prima, könnte man jetzt ausrufen, das Stromnetz hat fünfzig Hertz, wir brauchen also einen Wechselrichter, der fünfzig Hertz liefert. Den gibt es für wenig Geld im nächsten Elektronik-Bastelshop.

Und das ist auch gar nicht so falsch, vorausgesetzt, man will ein eigenes, autonomes Netz aufbauen, etwa bei der Solarstromversorgung eines Wohnmobils, mit dem Geräte betrieben werden können, die Wechselstrom verlangen.

Doch will man den Strom ins reguläre Netz einspeisen (sei es nun das Hausnetz oder gleich das allgemeine Stromnetz), sieht die Realität leider etwas anders aus: Die Frequenz im Stromnetz schwankt nämlich, und zwar im Tagesgeschehen in der Regel zwischen 49,9 Hertz und 50,1 Hertz. Klingt wenig, ist es aber nicht, wenn es darum geht, Wellen zu synchronisieren.

Und damit kommt dem Wechselrichter einer PV-Anlage eine doppelte Aufgabe zu: Er muss die Netzfrequenz und ihre Schwankungen beobachten und den eigenen Output in Echtzeit daran anpassen. In diesem Fall spricht man von einem fremd- oder netzgeführten Wechselrichter. Und das ist dann schon etwas aufwendiger und entsprechend teurer.

Zwischenruf: Warum setzen wir nicht doch auf Gleichstrom?

Parallel zum Vormarsch der Photovoltaik, wenn auch nicht unmittelbar darin begründet, ist eine Diskussion aufgekommen, warum man nicht auf ein Gleichstromnetz umsteigt, wenn man schon so fleißig dabei ist, die Energie zu wenden. Diese Debatte ist alles andere als müßig, denn man muss sich nicht gleich auf das umstrittene Terrain „Elektrosmog“ begeben, um zu akzeptieren, dass so ein Netz Vorteile hätte, speziell, da doch die meisten Geräte im Haushalt eigentlich Gleichstrom benötigen und die dazugehörigen Netzteile selbst einiges an Strom verbrauchen. Zudem ließe sich Hochspannungsgleichstrom noch verlustfreier transportieren als Wechselstrom.

Lange war das führende Argument, dass die meisten Stromerzeugungstechnologien eben Wechselstrom ausgeben, wie oben beschrieben. Die notwendige Technik für die Umwandlung, also leistungsstarke Gleichrichter und Gleichstromspannungswandler, sei technisch aufwendig und daher teuer. Doch heute lassen sich solche Elemente, dank Halbleitertechnologie, kostengünstig produzieren.

Der Hauptgrund, das Wechselstromnetz aufrechtzuerhalten, liegt wohl in der Kompatibilität, müsste man doch alle Geräte und Systeme erst einmal mühsam umstellen. Schaut euch nur einmal in eurer Wohnung um. Wie viele Geräte hängen am Stromnetz? Die bräuchten alle neue Netzteile, die mit Gleichstrom arbeiten.

Aber es wird weltweit an Gleichstromnetzen geforscht. Und für gewerblich genutzte Gebäude werden solche Netze auch schon konkret geplant. Es kann also sein, dass uns der Wechsel langfristig ins Haus steht – oder autonome Kollektive sich gleich für den Umstieg entscheiden, wenn sie ohnehin ein Netz neu aufbauen.

Aber genug der Spekulationen: Es steht ja noch immer die Frage im Raum, ob von Wechselrichtern eigentlich Risiken ausgehen – und wenn ja, welche.

Die Balkon-PV mit dem Schuko-Stecker

Man muss kein gelernter Elektriker sein, um sich beim Anblick des Schuko-Steckers, der aus der Balkon-PK-Anlage herausführt, nachdenklich am Kopf zu kratzen. „Ist das nicht sogar irgendwie verboten?“, mag man sich fragen, „Potenziell stromführende Teile mit blanken Steckern?“

Und auf den ersten Blick ist diese Sorge nicht ganz unberechtigt. Wirklich ideal ist diese Lösung nämlich nicht. Deshalb fordern Netzbetreiber auch, dass die Balkon-PV, so man sie denn anmelden möchte, mittels einer sogenannten Wieland-Steckdose angeschlossen ist. Gesetzlich vorgeschrieben ist dieser Anschluss nicht, wenn man den Strom der Balkon-PV nur zum Eigenkonsum verwenden will – doch auch nicht besonders teuer. Wer also ganz auf Nummer sicher gehen will, sollte hier in die entsprechenden Bauteile sowie die Elektrikerkosten zum Setzen der Dose investieren.

Die entscheidende Frage bleibt jedoch offen: Besteht das Risiko eines Stromschlags, wenn ich die Pole des Schuko-Steckers berühre?

Vielleicht hat ja der eine oder andere schon mal einen noch laufenden Föhn oder Staubsauger aus der Steckdose gezogen: Der Motor läuft mit Restschwung weiter, wird so selbst zum Generator und  – Autsch! – schnell holt man sich einen Schlag, weil man aus Versehen den Stecker berührt hat. Und bei einer Balkon-PV ist es ja nicht nur Restenergie, sondern die volle Power der Solarzellen, die dort möglicherweise lauert.

Zunächst einmal die gute Nachricht: Der Wechselrichter ist gleich doppelt (für Fachleute: redundant) abgesichert – oder sollte es zumindest sein.

Die erste Absicherung ist sogar bauartbedingt: Wir verwenden ja einen netzgesteuerten Wechselrichter. Trennen wir ihn vom Stromnetz, erhält er keine Informationen mehr über die benötigte Frequenz. Und das bedeutet für den Controller: Abschalten! Sofort!

Nun gut, er könnte natürlich die Elektrizität noch mit der letzten erkannten Frequenz raushauen, also wie ein selbstgesteuerter Wechselrichter agieren – doch wozu? Der Strom wird ja offensichtlich nicht benötigt. Anders vorgeschrieben ist es außerdem.

Doch selbst wenn der Controller versagen sollte: Es gibt noch eine zweite Absicherung, denn ein Relais sorgt in diesem Fall für eine galvanische (also physikalische) Trennung.

Noch einmal gefragt: Kann man nun einen gewischt kriegen, wenn man die Pole des Schuko-Steckers anpackt? Nun, theoretisch schon, denn der Controller braucht ja mindestens eine Fünfzigstelsekunde, um zu erkennen, dass keine Frequenz mehr anliegt, und abzuschalten. Und auch die Reaktionszeit des Relais ist nicht gleich null.

Praktisch müsste man sich aber in rasender Geschwindigkeit äußerst dumm anstellen. Das einzige Szenario, das uns hier eingefallen ist, wäre das Durchtrennen des Kabels mit einem Seitenschneider mit nicht isolierten (also aus leitendem Metall bestehenden) Griffen.

Andererseits gilt natürlich Murphys Gesetz – „Was schiefgehen kann, geht auch schief.“ – sowie seine Ableitung: „Kein System ist narrensicher. Denn Narren sind erfinderisch.“

Doch das schlimmste anzunehmende Szenario, der tödliche Stromschlag, lässt sich ganz einfach und fast vollständig ausschließen – einfach durch das richtige Verhalten.

So geht es richtig

Erinnert ihr euch noch an das Beispiel mit dem Föhn oder dem Staubsauger? Und, Hand aufs Herz: Wer hat das nicht schon mal ausprobiert und den Stecker zwar nicht angepackt, sondern an ein Metallteil gehalten? Schöner Funken, oder?

Wie würde man es also richtig machen? Klar: Föhn oder Staubsauger abschalten, warten, bis der jeweilige Motor steht, also nicht mehr zur Stromquelle wider Willen werden kann, und dann erst das Kabel aus der Steckdose ziehen.

Ähnliches gilt auch umgedreht: Wollt ihr ein Gerät ans Stromnetz anschließen, empfiehlt es sich stets, das Stromkabel erst am Gerät und dann in die Steckdose einzustecken: Stromquelle immer zuletzt. Und umgekehrt solltet ihr die Stromquelle immer zuerst abtrennen.

Im Falle unserer Balkon-PV heißt das: Bevor ihr den Schuko-Stecker aus der Dose zieht, zieht ihr erst einmal die Kabel zu den Solar-Paneelen vom Gleichrichter ab. Dann fehlt die Stromquelle und ihr seid auf der sicheren Seite.

Ach ja: So steht es übrigens auch in der Bedienungsanleitung.