STROMDAO GmbH

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Was ist aus der Blockchain geworden?

Im Mai 2016 habe ich Thorsten Zoerner auf unserem ersten Blockchain in der Energiewelt- Tag kennengelernt. Seine Ausführungen zu sicheren grünen/ lokalem Stromkennzeichnungen mittels Blockchain fand ich ziemlich spannend- so spannend wie das ganze Thema. Auch 4,5 Jahre später verfolge ich die Entwicklungen der Technologie ständig- da Thorsten Zoerner viel tiefer daran arbeitet und mit Stromdao/ Corrently ein wachsenden Start- Up macht habe ich ihn eingeladen an seinem Beispiel zu beleuchten was aus der Blockchain geworden ist- hier also sein Gastblog:

Was ist aus der Blockchain geworden?

Die Blockchain, oder genauer die Distributed Ledger Technology (DLT), hat nicht nur in der Finanzwelt einen Hype ausgelöst, sondern auch spannende Entwicklungen in der Energiewelt angestoßen. Mittlerweile ist der Hype zum Glück verflogen und es ist Zeit, ein realistisches Resumeé zu ziehen.

Einige Hoffnungen und Träume haben sich in Luft aufgelöst, vor allem, weil die neue Technik kein Werkzeug ist, das einfach eingesetzt werden kann. Sie ist komplex und muss die Anforderungen einer Anwendung auch tatsächlich erfüllen. Entsprechend lang ist die Liste der Anwendungsfälle, die in den letzten Jahren in der Mottenkiste der Energieunternehmen gelandet ist.

Das wohl prominenteste Beispiel ist der Stromhandel – also der Austausch von Kilowattstunden zwischen Erzeugern und Verbrauchern gegen Geld. Warum dies kein geeigneter Anwendungsfall für eine Blockchain sein kann, hätte man bei einem Blick auf diverse Crypto-Börsen und ihre technische Umsetzung erkennen können: Keine von ihnen nutzt die Blockchain für den tatsächlichen Handel. Lediglich das Handelsergebnis wird bei einem erfolgreichen „Tausch“ in der jeweiligen Blockchain dokumentiert. Orderbuchpflege, Berechtigungskonzepte und selbst die Depotführung wird mit konventionellen Technologien realisiert. Den Stromhandel in Gänze in der Blockchain abzubilden, scheint also keine gute Idee zu sein.

Etwas seltener, aber dennoch häufig erprobt, ist die Nutzung der Blockchain für die Speicherung von Bewegungsdaten. In der Energiewelt gibt es mit der Marktkommunikation eine Fülle von Bewegungsdaten, die zwischen den einzelnen Marktakteuren ausgetauscht werden müssen. In den entsprechenden Projekten wird dann mittels Verschlüsselung versucht „vertrauliche“ Daten in die Blockchain zu schreiben, damit nur der Berechtigte diese abrufen kann. Bei diesem Szenario wird allerdings ein anderes Problem erkennbar: Warum soll ich eine Nachricht (= Daten) an viele senden, wenn sie nur ein kleiner Kreis der Empfänger lesen können soll? Hier gibt es Punkt zu Punkt Übertragungsprotokolle und Techniken, die deutlich effizienter arbeiten.

Bei der STROMDAO hatten wir ursprünglich das Problem des „Eigentums“ zu lösen. Eigentum im Sinne von „Wem gehört was?“. Die vorhandenen Technologien können dieses Problem nur unzureichend lösen, denn nur weil in einer Datenbank steht, dass mir etwas gehört, muss dies noch lange nicht der Wahrheit entsprechen. Der Eintrag könnte von einem Hacker manipuliert sein, die Datenbank auf falsche Eingabeparameter aufgebaut sein, oder schlicht kein Vertrauen durch die Nutzer haben. Digitales Eigentum (Digital Assets) ist jedoch entscheidend, wenn der Bereich der Welt , welchen man digital abbilden möchte, ansonsten keine Werte hat. Bei Strom ist dies heute so, denn die Kilowattstunde Strom hat zunächst keinen Wert, wenn der Strom aus Solar oder Windkraft stammt. Dies ist bei konventionellen Kraftwerken anders, denn da kann der Preis der Kilowattstunde recht leicht über die notwendigen Brennstoffkosten erschlossen werden.

Die Distributed Ledger Technology liefert ein Konzept, um digitales Eigentum abzubilden. Erkennbar ist dies am besten am Bitcoin, bei dem klar erkennbar ist, wer welche Menge an Bitcoins besitzt. Die Blockchain hält jede Transaktion (=Ledger) fest – also jeden Eigentumsübergang. Beim Miningprozess werden diese Transaktionen an die Kette angehängt, wodurch ein großes Verzeichnis von Buchungen (A gibt B die Menge X) entsteht. Die Technologie ist dabei so aufgebaut, dass sie auf „Write Once, Read Many“ optimiert ist. Mit anderen Worten, kann und wird jeder, der teilnimmt (= Distributed), alle Transaktionen überprüfen (Read), um überhaupt festzustellen, wer welches Eigentum hat.

Die Eigenschaft des „Read Many“, kann die Energiewirtschaft nutzen. Der einfachste Fall ist, dass jeder nach dem Bezug einer Kilowattstunde Strom aus dem Netz feststellen kann, wessen Eigentum für die Erzeugung genutzt wurde. Sozusagen die Anlagen, die den Strom geliefert haben und daher das „Geld“ bekommen sollen. Auf dieser Erkenntnis basiert unser Ökostromprodukt Corrently, welches mit dem GrünstromIndex für die Transparenz sorgt, woher der Strom eigentlich stammt und im Gegenzug dem Erzeuger mitteilt, wohin sein Strom gegangen ist. Ein Trick, den wir hier nutzen, ist, dass wir auch den Verbrauch wie „Eigentum“ behandeln und so in beide Richtungen die Verteilung (Dispatch) ermitteln können.

Dies ist technologisch vielleicht spannend und bietet auch einige neue Handlungsoptionen, bringt aber in dieser Form keinen wirtschaftlichen Erfolg für den Anbieter, die STROMDAO. Am Anfang des Blockchain Hypes war aus irgendeinem Grund der Irrglaube verbreitet, dass man nur durch die Nutzung der Technologie bereits tolle Produkte auf den Markt bringen kann. Es hat uns fast zwei Jahre gekostet, bis Corrently tatsächlich für den Endkunden umgesetzt war. Denn das Geschäftsmodell und das Produktdesign übernimmt die Blockchain nicht.

Stromtarife bestehen aus einem Arbeits- und einem Grundpreis. Beim Grundpreis nutzen wir die Marge, um unsere eigenen Kosten zu decken. Die Marge auf dem Arbeitspreis gehört dem Kunden. Das heißt, wir nutzen hier die Blockchain, um digitales Eigentum in Form des sogenannten GrünstromBonus zu schaffen. Mit diesem GrünstromBonus beteiligen sich unsere Kunden an Erzeugungsanlagen, welche letztendlich ihre eigenen abzurechnenden Kilowattstunden reduzieren.

Ohne Distributed Ledger Technologie könnte dieses Modell nicht wirtschaftlich tragbar umgesetzt werden. Die sogenannten SmartContracts sorgen dafür, dass die gesamte Abwicklung ohne unser Zutun automatisch „in der Blockchain“ passiert. Unseren Kunden kann es egal sein, welche technologische Basis wir verwenden. Für uns als Startup sind die relativ geringen Betriebskosten bei gleichzeitiger Offenheit und Sicherheit der Daten von elementarer Bedeutung.

Die Frage, was aus der Blockchain geworden ist, kann bei uns also folgendermaßen beantwortet werden: Die Blockchain ist hat sich zu einem Motor entwickelt, der nahezu wartungsfrei im Hintergrund läuft und es uns erlaubt, uns auf die Kommunikation unserer USPs und die Gewinnung neuer Stromkunden zu fokussieren.

Aktuell führen wir eine Crowdfunding Kampagne durch, allerdings nicht über eine Blockchain, sondern ganz konventionell über eine Online Plattform. Ein ICO, wie es noch vor einigen Jahren als Finanzierung in der Blockchainwelt en vogue gewesen ist, wollten wir nicht durchführen, da wir die Blockchain lieber als Werkzeug statt als Mittel zur Gewinnung von Aufmerksamkeit nutzen möchten.