STROMDAO GmbH

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Geschäftsmodelle zum Stromverkauf und Netzleistungen in Deutschland

Für Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen stellt sich die Frage, wie sie ihren selbst erzeugten Strom bestmöglich nutzen bzw. vermarkten können. Je nach Größe der Anlage gibt es in Deutschland neben dem Eigenverbrauch verschiedene Geschäftsmodelle. Zusätzlich zu den aktuellen Modellen werden sich im Zuge der Digitalisierung künftig ganz neue Möglichkeiten ergeben.

Besitzer von kleineren Anlagen wie zum Beispiel Dach-Solaranlagen werden zunächst einen möglichst großen Teil ihres Stroms selbst verbrauchen wollen. Durch geschickten Einsatz von elektrischen Verbrauchern zu Zeiten, in denen viel Strom produziert wird, lässt sich der Eigenverbrauch erhöhen, in Verbindung mit einem Batteriespeicher sogar noch mehr. Mit einer Solarbatterie kann selbst erzeugter Solarstrom auch dann genutzt werden, wenn die Sonne nicht scheint.

Einspeisevergütung: Strom an den Energieversorger verkaufen

Doch wie lässt sich mit überschüssigem Strom Geld verdienen? Eine Möglichkeit ist die Einspeisung ins öffentliche Netz, also der Verkauf an den Energieversorger. Das EEG gibt dafür feste Sätze vor, die allerdings für Neuanlagen immer weiter sinken. Aktuell liegt der Satz für neue Anlagen bis 10 kWp bei 12,20 Cent pro Kilowattstunde. Bei einem Strompreis von durchschnittlich 29 Cent ist ein möglichst hoher Eigenverbrauch also sinnvoller als die Einspeisung ins Netz. Bei der Senkung der Stromkosten können auch Stromsharing– und Cloud-Modelle helfen, auf die wir später noch eingehen.

Direktvermarktung: Strom an der Strombörse handeln

Je größer die Anlage, desto attraktiver ist eine Direktvermarktung des Stroms, also der Verkauf an der Strombörse. Für große Anlagen ab 500 Kilowatt ist seit 2015 die Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell zwingend vorgeschrieben, seit 2016 schon ab 100 kW Anschlussleistung. Betreiber von älteren oder kleineren Anlagen können wählen. Im Marktprämienmodell bekommt der Betreiber die Differenz zwischen der gesetzlichen Einspeisevergütung und dem Börsenpreis in Form der Marktprämie erstattet. Der Ertrag entspricht also mindestens der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung. In Spitzennachfragezeiten sind auch höhere Erträge möglich.

Da die Direktvermarktung von Strom anspruchsvoll ist, gibt es verschiedene Anbieter, die diese Aufgabe für den Anlagenbetreiber erledigen können. Das können Energieversorger sein oder Stromhändler wie Next Kraftwerke. Der Anbieter vernetzt tausende kleinere EEG-Anlagen wie Biogas- und Photovoltaik-Anlagen, kleinere Wasserkraftwerke oder Windräder zu einem virtuellen Kraftwerk und handelt den erzeugten Strom an der Strombörse. Der Vorteil des virtuellen Kraftwerks gegenüber großen Anlagen ist, dass wetterbedingte Erzeugungsschwankungen besser ausgeglichen werden können. Außerdem lassen sich solche Anlagen viel feingliedriger steuern. Für die Vermarktung des Stroms bekommt Next Kraftwerke eine Provision vom Anlagenbetreiber. Derzeit integriert der Anbieter allerdings erst Stromerzeuger ab 100 kW in sein virtuelles Kraftwerk, die Integration von kleineren Anlagen wird angestrebt. Ein Anbieter, der auch kleine Anlagen in die Direktvermarktung bringt, ist die sonnen GmbH (vorm. Sonnenbatterie GmbH). SonnenCommunity-Mitglieder mit einem Sonnen-Speicher der neusten Generation sollen künftig außerdem auch am Primärregelmarkt teilnehmen können.

Ein weiter großer Anbieter für die Direktvermarktung von Strom aus dezentralen Anlagen ist die international tätige Unternehmensgruppe Energy2Market. e2m schließt ebenfalls viele Erzeuger zu einem virtuellen Kraftwerk zusammen und vermarktet den Strom in Echtzeit. Auch die e2m-Gruppe integriert Kleinspeicher und will ihnen die Teilnahme am Regelenergiemarkt ermöglichen.

Die Bereitstellung von Regelleistung aus vernetzten dezentralen Kleinspeichern gilt als vielversprechendes künftiges Geschäftsmodell, doch das Präqualifizierungsverfahren für virtuelle Großspeicher bei den Übertragungsnetzbetreibern ist komplex.

Stromgemeinschaften: Das ganze Jahr über selbst erzeugten Strom nutzen

Auf möglichst niedrige Stromkosten zielt das Prinzip der SonnenCommunity des Batterieherstellers sonnen (vorm. Sonnenbatterie GmbH) ab. Sonnen setzt auf das Stromsharing über ein virtuelles Netzwerk. Tausende PV-Anlagen und/oder eines sonnen-Batteriespeichers werden zusammengeschlossen und tauschen überschüssigen Strom untereinander aus. Das heißt: Wenn ein SonnenCommunity-Mitglied in Süddeutschland gerade mehr Strom erzeugt, als es verbrauchen oder speichern kann, wird dieser Strom einem anderen Mitglied zur Verfügung gestellt, das gerade zu wenig Strom für den eigenen Verbrauch erzeugt oder gespeichert hat. Der externe Energieversorger bleibt dabei außen vor. Der Reststrom kommt von sonnen, wofür Mitglieder einen festen Betrag pro Monat zahlen und dafür ein jährliches Stromkontingent erhalten. Im kleinsten Paket sind dies 4.250 kWh pro Jahr zu einem monatlichen Preis von 19,99 Euro. Wenn man das Kontingent nicht überschreitet, fallen keine weiteren Stromkosten an. Finanzieren will sonnen das Konzept über den Verkauf der Hardware und indem die sonnen-Speicher künftig am Regelenergiemarkt teilnehmen.

Auch über die SENEC.Cloud 2.0 der Deutschen Energieversorgung GmbH kann überschüssiger Strom in den Sommermonaten in der Cloud „gespeichert“ werden und später in den Wintermonaten wieder „abgerufen“ werden. Kunden buchen dazu ein Basispaket mit einem monatlichen Grundpreis, der ein bestimmtes Stromkontingent pro Jahr abdeckt. Für 2.000 Kilowattstunden berechnet SENEC beispielsweise 14,95 Euro pro Monat. Verbraucht man allerdings mehr Strom als im monatlichen Paket enthalten ist bzw. als man vorher eingespeist hat, kann es schnell teuer werden: Dann berechnet SENEC 29 Cent pro Kilowattstunde. Eine ähnliche Cloud-Lösung bietet zum Beispiel E.ON mit der SolarCloud.

Zumindest rechnerisch kann man so unabhängig vom klassischen Energieversorger werden, doch dauert es in der Regel einige Jahre, bis sich die anfängliche Investition in die Anlage/den Speicher amortisiert.

Microgrids und Blockchain: Strom direkt mit dem Nachbarn austauschen

Ganz neue Möglichkeiten für Stromtausch und -vermarktung bietet die Blockchain-Technologie. Kurz gesagt ist die Blockchain eine dezentrale Datenbank, die Verbraucher und Erzeuger über das Internet direkt miteinander handeln lässt, ohne den Umweg über einen Mittelsmann. Dieses Prinzip nutzen auch Kryptowährungen wie Bitcoin, die ohne Banken funktionieren. Im Falle des Stromhandels bedeutet das, dass der Energieversorger theoretisch außen vor bleiben kann. Ein praktisches Anwendungsbeispiel ist der Brooklyn Microgrid, ein Pilotprojekt von Siemens und dem Energie-Start-up LO3 Energy auf Basis der Blockchain. Der Brooklyn Microgrid vernetzt etwa 50 Privatpersonen und Unternehmen miteinander, so dass Produzenten von Solarstrom ihre Überschüsse direkt an andere Teilnehmer verkaufen können. Erzeugung und Verbrauch werden dabei automatisch ausbalanciert.

Auch der Anbieter StromDAO, der vom Energieblogger Thorsten Zörner gegründet wurde, nutzt die Blockchain und tritt inzwischen als Stromanbieter auf. Hauptsächlich entwickelt StromDAO allerdings Blockchain-Anwendungen im Energiebereich wie den Autostrom-Tarif. Er soll Besitzer von Elektroautos über Prämien dazu animieren, ihr Auto dann zu laden, wenn gerade viel grüner Strom ins Netz fließt. Ein solches Modell ist für Stromversorger und Netzbetreiber hochinteressant, da es die Netze entlasten kann. Letztlich geht es bei StromDAO darum, allen Markteilnehmern über die Blockchain künftig einen direkten Austausch zu ermöglichen, egal ob Verbraucher, Produzent, Netzbetreiber oder Stromversorger. Hier sind im Zuge der Digitalisierung und Dezentralisierung viele spannende Geschäftsmodelle denkbar, die Blockchain-Technologie selbst steckt jedoch noch mehr oder weniger in den Kinderschuhen und steht vor allem wegen ihres hohen Energieverbrauchs derzeit in der Kritik.